Wie mittlerweile jedes Jahr, verbringe ich meinen Sommerurlaub bei Freunden in den Bergen Tirols. Dies ist auch jene Zeit, wo ich mich sehr intensiv der Makrofotografie, genauer gesagt der Schmetterlingsfotografie "hingebe". Leider versprach dieses Jahr nichts Gutes, da es leider den ganzen Juni sehr regnerisch war und dies natürlich für die Entwicklung der Puppen von Schmetterlingen nicht förderlich ist. Zudem war die Wettervorhersage mehr als bescheiden,mein Sommerurlaub sollte buchstäblich ins Wasser fallen. Meine Vorfreude war aus diesem Grunde gebremst.
Doch schon bei meiner Ankunft wurde ich von einer großen Schwalbenschwanz-Raupe begrüßt. Meine Freude war riesig und ließ Hoffnung aufkommen. Eine Schmetterlings-Metamorphose hatte ich noch nie miterlebt aber meine Gastgeber hatten damit schon einige Erfahrung. Mir wurde allerdings auch gesagt, dass noch so Einiges passieren kann und es nicht sicher sei, dass daraus ein Schwalbenschwanz wird.
Raupe, Nahrung und Kletterhilfe für das putzige Kriechtier fanden Unterschlupf in Wolfgangs liebevoll hergerichteten Kinderstübchen, damit die Raupe nicht im Schnabel eines gefräßigen Vogels landet oder anderen Fressfeinden zum Opfer fällt.
Würde ich den Schlupf noch miterleben? Rechnerisch müsste es sich locker ausgehen, wenn die Raupe keinen Parasiten hatte. Für Geduld hatte ich keine Zeit, schließlich musste ich irgendwann wieder nach Hause.
Offensichtlich meinte es die Raupe gut mit mir, vielleicht wollte sie auch nur die nächsten Regentage „verschlafen“? Denn ohne, dass ich es mit bekam, fand ich bereits am nächsten Tag eine Puppe in der Kinderstube vor. So hatte ich mir das nicht vorgestellt. Diesen Vorgang hätte ich gerne life gesehen. Doch leider hielt die Raupe es nicht für notwendig, mich rechtzeitig darüber zu informieren.
Die Puppe entwickelte sich gut und als man endlich die Strukturen der Flügel sah, konnte ich es kaum erwarten. Ob ich diesen großen Augenblick
miterleben würde? Wolfgang baute schon die Kamera auf, wir rechneten quasi in jeder neuen Stunde mit dem Schlupf. Doch es passierte nichts. Hoffentlich ging es ihr gut. Ich war nervös. Mit jeder
Minute, die verstrichen war, bildete ich mir ein, noch mehr Zeichnung des Flügels zu erkennen. Worauf wartete sie nur?
Als sich auch am nächsten Tag keinerlei Anzeichen zeigten, vermutete ich, dass sie auf beständigeres Wetter hoffte?!? Ungeduldig versuchte ich, mit kleinen Dingen die Warterei zu überbrücken. Das Beobachten einer sich nicht bewegenden Puppe war nicht sonderlich spannend, meine Augenlider hatten kaum Kraft, der Erdanziehung zu widerstehen. Da ich keinen Kaffee trinke, ging ich nach unten ins Haus, um eine Flasche Almdudler zu holen. Vielleicht würde mir das darin enthaltene Süßungsmittel die nötige Energie für den großen Moment geben und der Geruch der Kräuterextrakte einen Anreiz auf den Falter ausüben, endlich zu schlüpfen?
Ich war noch nicht ganz oben im Wohnzimmer angekommen, als ich Wolfgang rufen hörte. Hatte sich einer der Formel 1-Fahrer verfahren oder war das Rennen nicht spannend? Wollte er etwas von Elke? Doch da sah ich, dass Wolfgang auf der Terrasse war und die von ihm bereits zuvor aufgestellte Kamera bediente. Der Schwalbi war geschlüpft. Offensichtlich hatte er den unbeobachteten Moment für sich genutzt. Ich konnte nur noch mit ansehen und fotografieren, wie er nach oben kletterte und seine Flügel entknitterten.
Trotz der Enttäuschung über den verpassten Schlupf, freute ich mich vermutlich wie eine Mutter, die das erste Mal ihr Neugeborenes in den Armen hält, dass der Falter offensichtlich gesund und dazu noch unglaublich schön war.
Nachdem wir an diesem Tag ausnahmsweise Sonnenschein und warme Temperaturen hatten, würde der Falter max. 2 Stunden zum Trocknen seiner Flügel benötigen und dann abfliegen. Erstaunlicherweise übernachtete der Schmetterling noch bei uns und somit musste ich zwar am nächsten Tag früh aufstehen, durfte den Falter dann aber noch ausgiebig fotografieren, bevor er sich in die Lüfte begab.
Kommentar schreiben